von Axel Porsch | „A Big Smile? Abr vorsicht Fiat – s isch not cool män !“ Guerilla Marketing, Ambient Media Marketing oder Bulshit Bingo. Es gibt ne Menge Begriffe für diese Art von „Werbung“. Meistens wird sie von jungen, hippeligen Strategen ausgedacht, die mal was ganz doll cooles für ihren Kunden machen wollen. Entweder ist es für den Kunden teuer (weil cool, trendy, extremely creative, directly am PoY) oder es ist für den Kunden billig, weil man meint, sich damit als Agentur einen Namen machen zu können.
Vielleicht sagte der Product Manager des Kunden auch nur: “heh, unsere obercoole Installation am PoI (in diesem Falle am Potsdamer Platz) interessiert eigentlich keine Sau, sondern nur die Touris, also macht mal noch fix was zum supporten. Aber keine Annonce in der Berliner Zeitung, BZ, Tagesspiegel oder TIP (ziemlich old school) sondern was geiles. Muß aber billig sein, weil wir unser Budget schon auf der IAA ausgegeben haben.”
Ja und dann legten Sie los, bei der Agentur. „Grübel, grübel“,„Core Competence zeigen“, „lass uns einfach mal am Hackeschen Markt nen Sampling machen“, „yo aber eher unterschwellig“, „irgendwas abgefahrenes , bei dem obergeilen Motiv und dem obergeilen Claim funktioniert es vielleicht auch viral*, „Mensch, da hat doch Axe Muchas Maracas mal sowas gemacht… (ja prima, landete bei Spiesser Alfons im Horizont)“, „ja supa, voll die Gegend vollkleistern“.
So oder so ähnlich hätte es sich abspielen können. Und weil das Budget eh so mega-tight ist, muss man halt am Promo-Personal sparen. Nicht lang briefen, schnell raus und weg.
Und so hängen sie dann, die obercoolen Folien, zack zack an die Wand geklatscht, im Dutzend billiger und schnell flattern sie dann auch wieder auf den Boden und verdrecken lecker.
Am Kurfürstendamm tat man etwas für die Verschönerung des Pflasters. Dass damit die Marke und die Message mit Füssen getreten wurde, war den Auftraggebern nicht ganz so wichtig. Hauptsache: Äktschon! Interessant wäre auch, zu erfahren, wieviel Menschen, Konsumenten, potentielle Käufer/Innen sich auf den Weg zum Sony Center oder irgendwann zum nächsten Fiat Dealer ihres Vertrauens machten. Nachhaltiger Impuls oder kurzzeitiges Brimborium?
Wir nennen es eher optische Umweltverschmutzung und sind neugierig, ob zum Beispiel die Werbefolien tatsächlich unbedenklich und zu 100% recyclebar oder doch etwa Sondermüll sind. Zu diesem Thema haben wir die BSR – die Berliner Stadtreinigung, die Weltfirma Fiat und alle relevanten Behörden des Bezirkes Mitte angefragt. Wir dürfen gespannt sein, welche Antworten der Redaktion von BlickBerlin da ins Haus stehen…….
Update, 1. Oktober 2009, Antwort der Leiterin Kommunikation der BSR Berlin: „Bisher ist nach unserer internen Recherche diese Art der Werbung nur in Mitte aufgetaucht. Da die Folien selbsthaftend sind, tun sie dies natürlich auch auf dem Straßen- / Gehweguntergrund, was für uns einen höheren Reinigungsaufwand bedeutet, da wir die Folien kaum zusammenfegen können und statt dessen aufheben müssen. Die Verbreitung dieser Werbemittel und deren Abfallen auf die Straßen und Gehwege stellt eine zusätzliche Verschmutzung des Straßenlandes dar und müsste vom Verursacher selbst entfernt werden. Ob im Vorfeld Absprachen mit der verantwortlichen bezirklichen Stelle getroffen wurden bzw. das zuständige Ordnungsamt eine Genehmigung erteilt hat, entzieht sich unserer Kenntnis. Das müssten Sie bitte dort klären.
Da die Zusammensetzung dieser Folie auch auf der Firmeninternetseite nicht angegeben wird, können wir zur Verwertbarkeit oder Umweltunschädlichkeit keine Aussagen treffen. In aller Regel sind solche Folien aus PVC und ggf. auch mit entsprechenden Weichmacher versehen. Das muss aber auf diesen Fall nicht zutreffen da – wie gesagt – die Inhaltsstoffe nicht zu erfahren sind.“
Auf eine Antwort der Presseabteilung der Firma Fiat warten wir noch. Angeblich war man so stark mit der IAA beschäftigt. Wir haken gern noch einmal nach.
Die Abteilung Öffentlichkeitsarbeit von FIAT hat nun auch reagiert. Man hätte die Agentur aufgefodert, alle Folien umgehend wieder von den Strassen zu entfernen.
Über die Umweltverträglickeit der Folien müssen wir aber noch sprechen. BlickBerlin lässt die Folien gerade von der Bundesanstalt für Materialprüfung untersuchen.
*jawoll ja, wird gemacht.